da Urlaube derzeit etwas seltener in die Ferne führen, lassen wir Euch an unseren Erlebnissen beziehungsweise Impressionen aus unserem Rad-Urlaub teilhaben. Wir möchten Euch mitnehmen in einen Landstrich der uns Vieles lehrte.
Der uns Demut, Geduld, Bescheidenheit und die Wunder der Natur zeigte und auch die invasionsgleichen Bewegungen von friefdliebenden Menschen in Großstädten wie Ho Chi Ming.
Wo Fortschritt und Armut Schulter an Schulter leben. Wo Respekt vor dem Weisen, dem Gelehrten, den Alten und der jahrhundertelangen Kultur gelebt wird.
Wir bereisten den Süden Vietnams bis hoch nach Kambodia. Ho Chi Minh war unser Startpunkt. Klar waren wir die ersten Stunden überwältigt und überfordert.
Soviele Motorräder und Roller im Straßenverkehr, hatte ich zuvor noch nie gesehen. Die Strategie für einen Straßenwechel als Fußgänger lautet: Langsam und kontinuierlich einfach losgehen. Der Verkehr umströmt einen, wenn man alles richtig macht. Aber bloß keine hecktischen Bewegungen machen. Beeindruckend sind die fliegenden Märkte die allabendlich in nullkommanix aufgebaut werden. Dazu werden auch wieder nur Motorräder als Zugfahrzeuge eingesetzt und Marktstände und Restaurants, wie bei einem Tanz anmutend, aufgebaut.
Danach, und keinesfalls vorher, strömen die Menschen zum Essen. Die Sonne ist untergegangen, die Tageshitze und Schwüle lässt nach. Genau richtig zum essen. Es riecht so wundervoll. Alles wird frisch zubereitet. Den Fisch wählt man aus Wasserschüsseln selbst vorher aus. Irgendwann rollt man mit vollen Bäuchen zu seiner Unterkunft- aber in dem Zustand erscheint einem die Herrausforderung einer Straßenüberquerung noch schwieriger. Ich hatte aber den Eindruck, dass die Einwohner, wenn sie einen Touristen am Straßenrand sehen, mehr Rücksicht nehmen und sich auf unseren Anfängerstatus einstellen.
Mir fiel auf, mit welcher freundlichen Neugier und respektvoller hilfsbereitschaft die Menschen uns begegneten.
Insbesondere bei der Sprache waren wir komplett auf ihre Hilfe angewiesen. Ich war es gewohnt mir die Basis-Kenntnisse einer Sprache für ein Land zuzulegen bevor ich es bereiste. Das gehört für mich zur guten Tonart als Gast in einem Land. Das ist mir mit vietnamesisch leider nicht gelungen. Ein Lernversuch meinerseits scheiterte, da allein die Betonung eines Vokals die Wortbedeutung massiv ändert und man, wenn man es nicht beherrscht erheblich zu Verwirrung beitragen würde.
So setzte ich auf die gute alte Körpersprache. Sie differiert zwar auch von unserer, ist aber leicht zu erlernen.
In der Groß-Stadt geht es zum Teil mit englisch. Auf dem Land garnicht. Da sollte man das “ A“ tanzen können. Aber es gibt da immer Helfer und manchmal wird der Freund eines Freundes geholt, um Stunden später Inhalte auszutauschen. Alles geht seinen Gang. Wer Zeit zum Verweilen mitbringt, wird herzlich empfangen und dem werden alle Tore geöffnet.
Wer Ho Chi Minh besucht, sollte die nahen Tunnelbauten aus dem Vietnamkrieg einmal besuchen. Es ist eindrucksvoll – erschreckend und zeigt sehr genau mit welcher Willenskraft die Menschen sich und ihr Land verteidigt haben. Sie haben eine Stadt mit allen infrastrukturen unter der Erde geschaffen. Auch das Kriegsmuseum zeigt sehr deutlich die Folgen der Fehler der westlichen Zivilisationsstaaten auf.
Man sollte aber nicht vergessen, dass dieses Land nicht nur durch den Vietnamkrieg geprägt wurde. Es gibt viel mehr und viel ältere Einflüsse die das Land und die Menschen, ihre Kultur und Religion ausmachen. Es gibt viel Schönes und Spannendes in Ho Chi Minh zu sehen und zu erleben. Aber das müsst ihr selbst tun. Die eingestellten Bilder sollen euch nur neugierig machen.
Wir bewegten uns nun erstmal durch das Mekonggebiet nach Westen. Die Räder die wir dort liehen (MTB), hatten viel durchgemacht.
Schaltzüge und Mechanik waren, sowie alles andere, stark korrodiert und taten ihre Arbeit nur unregelmäßg. Aber mal ehrlich. Im Mekongebiet braucht man eh keine Schaltung- da reicht ein Gang und ne dicke Wade für die Brücken. Alles lebt vom und mit dem Fluss. Zum Teil auf und im Fluss. Die Pfahlbauten und Pontonghäuser formieren sich zu Städten mit Schulen, Kindergärten, Polizei, Supermarkt uvm., Das Bewegungsmittel Nummer eins sind Einbaumboote und, na was schon, Räder und Motorräder. Und da wird ALLES mit transportiert. Ich könnte so viel erzählen. Die Kamera konnte ich kaum weglegen- es tat so gut diese Lebensweise miterleben und betrachten zu dürfen.
Das Mekonggebiet ist weit verzweigt und für uns in Gänze unübersichtlich. Eine Fortbewegung einzig über Land wird dieser Region nicht gerecht. Wer nicht aufs Boot steigt, erlebt niemals das ware Mekong. Sowohl die Nutzgärten als auch die Wirtschaftszweige sind eine Mischung aus Wasser und Landwirtschaft. Die Boote wirken historisch aber ökonomisch und ökologisch sind sie fortschrittlicher als so manch hochtechnisiertes Motorboot unserer Zeit. Wenn man glaubt weit weg von Industrie und moderne zu sein, staunt man wenige Sekunden und Flussbiegungen später über ein modernes Gebäude eines industriellen Zweiges. Und wenn man sieht, wie maschinenarm- einzig mit Manpower- Boote z.B. mit Kokos verladen und gelöscht werden, schämt man sich, wenn man hier im Pflanzencenter über den Preis einer Kokosmatte nachdenkt und das Produkt, welches lediglich unsere Pflanzen vor Frost schützen soll, liegen lässt.
Es gibt auch Luxus am Mekong. Logias mit Pool, Bar und allem was das Herz begehrt, wenn man danach sucht.
Es steht im krassen Wiederspruch zu der Lebensweise der Einheimischen. Dennoch scheint es, dass Sie Freude daran haben uns das zu bieten. Wenn man Nachts so unter dem Paravan liegt und ins Moskitonetz träumt fragt man sich ab und an ob ein Klimaanlage so sinnbringend ist. Die Hotels scheinen eher Minusgrade als unsere Wohlfühtemperatur einzustellen. Die Eiszapfen an der Nase wachsen wärend des Frühstücks. Da freut man sich über die traditionelle warme Nudelsuppe.
Mann kommt aber gerade als Radfahrer nicht umhin sich mit dem Klima auseinanderzusetzen und wenn man Nachts nicht im Kühlschrank liegt und Tags in einer Nudelsuppe Rad fährt, ist das doch ehrlich quatsch. Und in Summe insbesondere ökologisch betrachtet ziehe ich den Paravan in einer Hütte bei einer netten Familie statt einem Frizer im Hotel vor.
Bunte Märkte mit allen Gerüchen gibt es in Hülle und Fülle und dort wird nahezu alles verkauft. Auch leckere geröstete Insekten. Schmecken wie Chips. Koriander ist als frische Ummantelung von allem was man verspeist denkbar und bestimmen die Geschmacksrichtung. Naja und Früchte wie die stinkende aber wohlschmeckende Durian und Papaja und viele viele mehr lassen uns jederzeit auch am Wegesrand an kleine Ständen einkaufen und geniessen. Naja und dann gibts natürlich dort Froschschenkel als Hühnchenähnliche Leckerei. Und aus Kokos kann man unzählige Köstlichkeiten und Naschereien machen. Herrlich!
Und natürlich gibt es noch die unzähligen Reisfelder. Die Grundlage jeder vietnamesischen Speise. Sie muten ähnlich unseren Kornkammern an, nur ist der Farbton grün, statt wie bei uns, gelb. Und die Arbeiter stehen mit den Füßen bei der Ernte in der Sumpflandschaft. Möchte man Reis kaufen, stellt sich die Frage welche der unzähligen Sorten man braucht. Das ist zum Teil schon in unseren Supermarktregalen nachvollziehbar. Dort sind sie aber nicht in das überflüssige Plastik eingepackt. Man nimmt entweder einen Sack oder bringt die Schüssel dazu mit. Was nicht heisst, dass Vietnam so bewußt auf Müll verzichtet. Sie beginnen gerade über ein Kampagne mit Hilfe des WWF die Dörfer zu informieren und Mülltrennung einzuführen.
Weiter ging es nach Norden zu Vietnamesisch-Kambodianischen Grenze mit dem Motorboot. Der Grenzübergang ist spannend. Angeblich ist der individuelle Grenzübergang per Rad nicht erwünscht und auch nicht möglich. Das Grenzgebäude liegt quasie abgeschottet am Mekong und man kann es nur von Wasserseits besuchen und verlassen.
Man weiß dort mit allen Mitteln den Touristen wegen vermeintlich wichtiger Papiere so ne Art Schweigegeld abzuknöpfen und das Procedere durch Langwierigkeit zu einer Geduldsprobe auszuweiten. Da und ein Passfoto fehlte, zahlten wir für ein Smartphone-Photo umgerechnet 30 Euro pro Kopf. Nach zwei Stunden hatte ich endlich meinen abgestempelten Pass. Puh.
Und alles erscheint einem unwichtig wenn man erst mal Kambodia betreten hat und in die Natur gespickt mit jahrtausend alter Tempelstätten eintaucht. Die Armut der Menschen ist sichtbar größer als die der Vietnamesen. Die Freundlichkeit ist umwerfend. Die Freude der Kinder verzaubert einen.
Vier Reisewochen reichen bei Weitem nicht aus um sich ein Bild von Land, Menschen, Kultur und Religion, Sitten und Bräuchen zu machen. Ich wäre gern ein paar Monate geblieben. Allein das durchfahren der üblichen Siedlungen ist überwältigend. Mal ganz zu schweigen von den Tempelstätten. Da ist Ankor Wat nur ein Bruchteil von und bei weitem nicht die schönste Tempelstätte. Man fühlt sich oftmals wie in einem Indianer Jones Film, da diese Tempelvielfalt bei weitem noch nicht vollständig restauriert ist obwohl mit internationalen Teams dran gearbeitet wird.
Eh unsere Reise zuende geht, machen wir noch einen Sprung zurück nach Vietnam auf die Insel Phu Phu Quoc.
Dort geniessen wir den indischen Ozean und den Langmut. Üben uns im Seele baumeln lassen und lassen das erlebte noch einmal Revue passieren. Das kann ich nur jedem Europäer raten. Wir sind zumeist zu schnell als das unsere Seele hinterher kommt.
Dennoch kann ich nur Jedem raten solche Länder zu Fuß, Boot und Rad zu bereisen und den Mut zu haben zu verweilen.
Ich hoffe der Reisebericht hat euch etwas Geschmack auf eigene Radreisen gemacht. Wir stehen Euch gern mit Rat / Rad und Tat zur Seite.
Danke an das Wikinger Team und vor Allem die einheimischen Reisebegleiter. Mit Hung pflegen wir seitdem eine lange Freundschaft. Durch Ihn erfahren wir stets aus erster Hand wie es den Vietnamesen zur Zeit- auch der Coronazeit geht. Ich bin froh das er und seine Familie bis heute auch Corona unbeschadet überstanden hat und Vietnam auch sehr aktiv ist im Schutz seiner Bevölkerung.